Auf der Suche nach dem richtigen Look
Kaum ein Foto kommt heute noch ohne einen „Look“ aus. Okay … streng genommen ist ja jegliche Form von Bearbeitung und Entwicklung eines Fotos bereits ein Look, aber gemeint ist, dem eigentlich originalen Bild noch ein besonderes Aussehen zu verpassen. Sei es nun mit einem Filter in einer mobilen App, mit einem Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop oder gar schon direkt an der Quelle mit einem RAW-Konverter auf dem digitalen Negativ.
Schwarz-Weiß kommt dabei nie aus der Mode – im Gegensatz zu den vielen Trends, die sich ständig wechseln, wobei sich einige länger halten als andere… Sei es nun das klassische Sepia oder der beliebte Cyan-Orange-Look: Die Manipulation von Farben und Kontrasten kann ein gutes Bild noch interessanter machen und die Stimmung im Bild intensivieren oder es auch völlig kaputtmachen.
Presets
Einige Fotografen haben sich über die Jahre einen eigenen Look erarbeitet. Man erkennt deren Fotos nicht mehr nur am Inhalt, sondern schon an der Farbgebung und der Tiefenwirkung. Hier wird auch gern von einem Signature-Look gesprochen. Looks werden auch gern als sogenannte Presets angeboten.
Ähnlich den Filtern in den mobilen Apps, ist ein Preset eine gespeicherte Einstellungsvorgabe für z.B. einen RAW-Konverter. Die Kombination aus den unterschiedlichsten Einstellungen erzeugen in der Summe einen bestimmten Farb- und Kontrast-Eindruck, der sich auf beliebige Fotos anwenden lassen kann. Natürlich sollte man für jedes Bild individuell nacharbeiten – insbesondere im Bereich Belichtung und Farbtemperatur, aber die Basis ist dann schon mal gelegt. Und das Schöne an dieser Art von Presets ist, dass man sich genau anschauen kann, wie der jeweilige Look genau entstanden ist. Welche Regler haben das Bild beeinflusst und haben diesen Look erzeugt? Eine Analyse der Einstellungen kann die eine oder andere Erkenntnis und Aha-Erlebnisse mit sich bringen.
Noch mehr Möglichkeiten
Wer Photoshop oder ähnliches verwendet, dem stehen noch deutlich mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Durch die beliebige Verschachtelung von Einstellungsebenen und Ebenen-Verrechnungsmodi, Deckkräften und Ebenenmasken kann im Grunde jeder Pixel individuell manipuliert werden. Und auch die damit geschaffenen Looks lassen sich problemlos speichern auf andere Fotos übertragen. Ob man die Looks dabei in Photoshop-Dateien speichert, als Aktion aufzeichnet oder beispielsweise über die Bibliothek organisiert, ist dann Geschmacksache.
Auch Geschmacksache ist sicherlich die Wahl des RAW-Konverters. Auch wenn die Kamera-Hersteller Ihre Kameras und Objektive am besten kennen und mit den Hersteller-eigenen RAW-Entwicklungs-Werkzeugen vermutlich das meiste aus den Negativen rausgeholt werden kann, verwenden mehr oder weniger alle Fotografen entweder Adobe Camera RAW (Lightroom oder Photoshop) oder Capture One von Phase One. Beide Varianten haben Ihre Vor- und Nachteile, tatsächlich nutze ich beide ganz gern je nach Motiv.
Davor oder danach?
Wenn ich Bilder bearbeite, mache ich auch einen Teil des Looks bereits im RAW-Konverter. Dies betrifft vor allem die Farbtemperatur, die Aufhellung der Tiefen oder Absenkung der Lichter (HDR), die globalere Manipulation von Farben sowie die vorsichtige Anhebung von Struktur oder Klarheit je nach Bild. Den Kontrast hebe ich meist nicht so an, wie ich es eigentlich im finalen Bild haben möchte, da ich dies später noch im Photoshop genauer zum Ende der Bildbearbeitung machen kann. Dies erleichtert mir zusätzlich die Bearbeitung, da hohe Kontraste auch immer negative Effekte auf Kanten oder auch die Hautstruktur haben können.
Ich möchte aber noch mal erwähnen, dass die eigentliche Aufnahme dabei am meisten Einfluss auf den Look hat. Eine saubere Lichtsetzung, die richtige Menge an Licht und Schatten sowie die passende Wahl von weichem oder hartem Licht haben den größten Anteil am letztendlichen Resultat. Je besser mein Motiv fotografiert ist, desto weniger muss ich nachträglich versuchen, mein Foto zu „retten“. Die eigene Kamera zu kennen und auch das Histogramm bereits beim Fotografieren richtig interpretieren zu können, ist dabei Gold wert.
Tethered Shooting
Wenn man im Studio arbeitet oder mobil über ein gutes Laptop verfügt, kann es von Vorteil sein, die Kamera zum Beispiel via USB-Kabel mit dem Computer zu verbinden und so die Fotos bereits beim Fotografieren direkt auf dem größeren Bildschirm zu sehen. Und nicht nur das: in Programmen wie Lightroom oder Capture One kann dann das jeweilige Foto bereits live manipuliert werden und dieser und weitere Looks lassen sich auch direkt auf neu dazukommende Aufnahmen ohne weiteres Zutun übertragen. Nachteilig ist ggf., dass dies den Arbeitsfluss behindern kann, wenn man selbst oder das Modell nach jedem Auslösen der Kamera sofort auf den Bildschirm schielt. Hier ist also ein wenig Disziplin gefordert. Arbeitet man übrigens mit einem Team (Haare, Make-Up, Stylist, Kunde, …), so können die auf dem Bildschirm viel genauer hinschauen, ob noch was zu korrigieren ist, ohne dem Fotografen ständig auf der Pelle zu hängen…
Wo findet man gute Looks?
Was nun ein guter Look ist, ist natürlich sehr individuell. Mag es der eine eher puristisch natürlich, möchte der andere eher was buntes oder pastelligeres. Ein Tipp ist, sich an den Looks zu orientieren, die die eigenen Vorbilder einsetzen. Vielleicht bietet der eine oder andere Fotograf ja sogar seine Looks als Presets an?
Das Internet ist ansonsten auch überfüllt mit kostenfreien wie kostenpflichtigen Presets. Eine kurze Google-Suche sollte da schnell zu Treffern führen. Ich mag hier nicht so recht direkte Empfehlungen geben, da man bekanntermaßen über Geschmack streiten kann. Aber hier zumindest als Startpunkt jeweils was für die beiden häufigsten Programme
298 kostenlose Lightroom Presets [„von deutschen Fotografen“]
https://www.designerinaction.de/fotografie/lightroom-presets/
25 Free Capture One Styles
https://purple11.com/capture-one-styles/
Presets anderer sind in meinen Augen übrigens immer ein guter Ausgangspunkt, sollten aber letztlich nicht einfach nur auf das Bild geklatscht, sondern individuell angepasst werden.
Für Lightroom gibt es vergleichsweise ein Überangebot an Presets, während man bei Capture One schon länger suchen muss. Das liegt aber nicht unbedingt an der Qualität, sondern eher an der Tatsache, dass eben eine zusätzlich zu kaufende Software, die nicht im Adobe Paket dabei ist, viele Anwender erst mal abschreckt oder – völlig zu Unrecht – für unnötig betrachtet wird.